Im deutschen Volksmund heißt es „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“ und ist ein bekannter Vers des Weihnachtsliedes von Wilhelm Hey aus dem Jahre 1837. Das jährlich stattfindende Weihnachtsfest feiert die Geburt Jesu Christi und wird daher auch Christfest genannt. Der eigentliche Festtag ist der 25. Dezember, dessen Feierlichkeiten allerdings am Vorabend, dem Heiligen Abend oder der Christnacht beginnen. Aufgrund seines religiösen Hintergrundes ist er in vielen Staaten ein gesetzlicher Feiertag.
Mittlerweile ist der religiöse Aspekt bei vielen Menschen in den Hintergrund gerückt. Für viele Kinder nimmt der Weihnachtsmann mit seinen Geschenken die wichtigste Rolle ein, womit in unseren Landen der weihnachtliche Konsum in den Fokus gerät. Allerdings ist es auch ein Familienfest und das Fest der Liebe, an dem sich die Liebsten zusammenfinden und eine glückliche Zeit miteinander verbringen. Doch wie sieht es in China aus? Ist ebenfalls ein religiöser Hintergrund Anlass für das Weihnachtsfest im fernen Osten?
Religionen in China
Um der Frage auf den Grund zu gehen, betrachten wir zunächst die religiöse Situation in China. Das wird darüber hinaus auch für die interessant sein, die sich die Frage stellen, welche Religion die Chinesen eigentlich ausüben. Insgesamt werden fünf Religionen vom chinesischen Staat offiziell anerkannt. Dazu gehören der Buddhismus, der Daoismus, der Islam sowie das evangelische und das katholische Christentum.
Laut den Statistiken des CIA World Factbook von 2010 bildet der Buddhismus mit 18,2 Prozent den größten und das Christentum mit 5,1 Prozent den zweitgrößten Anteil der staatlich anerkannten Religionen. Erst mit einem Anteil von 1,8 Prozent folgt dann der Islam. Der Daoismus zählt zu der Gruppe der restlichen Glaubensrichtungen und bildet mit diesen zusammen gerade einmal 0,7 Prozent. Einen Anteil von 21,0 Prozent machen die verschiedenen Volksreligionen aus. Den Großteil der chinesischen Bevölkerung hält die Statistik als nicht gläubig fest.
Des Weiteren muss man beachten, dass das chinesische Volk aus insgesamt 56 verschiedenen Völkergruppen besteht. Jede dieser Ethnien besitzt eigene Weltansichten, Traditionen, kulturelle Hintergründe und damit auch religiöse Ansichten. Vor diesem Hintergrund und dem geringen Anteil an gläubigen Christen, wird wohl kaum die Geburt Jesu Christi der Grund für das Weihnachtsfest im Reich der Mitte sein.
Chinesische Christen und das Weihnachtsfest
Selbstverständlich begehen die christlich gläubigen Chinesen das Fest vor dem religiösen Hintergrund und sind sich der eigentlichen Bedeutung bewusst. Vielleicht verstehen sie die Bedeutung sogar eher, als manche Menschen es im Westen tun. Für die katholischen und evangelischen Chinesen ist das Weihnachtsfest der festliche Höhepunkt des Jahres. Manchen ist das Ereignis sogar wichtiger als das chinesische traditionelle Neujahrsfest. Oftmals beginnen sie mit ihren Weihnachtsvorbereitungen viele Wochen vorher. Sie studieren Weihnachtslieder ein und planen andere Aktivitäten.
Die chinesischen Christen besuchen für die Feierlichkeiten auch den Weihnachtsgottesdienst in den lokalen Kirchen. Diese sind zu dieser Zeit voll mit Gläubigen. Es finden Chor-, Theater- und Tanzaufführen statt.
Weihnachten als Trend
Das Weihnachtsfest in China hat für die breite Masse also keinen religiösen Hintergrund und ist auch kein offizieller Feiertag. Das heißt, dass die Schulen, Büros und Geschäfte durchweg geöffnet haben und das bunte Treiben in den chinesischen Städten zur Weihnachtszeit weitergeht. Ausgenommen sind internationale Schulen, die vorwiegend ausländische Kinder aus dem Westen besuchen, und eventuell deutsche Institutionen. Obwohl die Chinesen arbeiten müssen, ist vor allem in den großen Städten Chinas die Weihnachtsatmosphäre deutlich zu spüren.
Zum Teil gewinnt der Tourist oder Expat den Eindruck, dass die Dekoration noch großzügiger ausfällt als in der Heimat. Die Kaufhäuser strotzen mit Lichterketten, überdimensionalen Dekorationen und durchweg laufender Weihnachtsmusik. Die Farben Rot und Grün füllen das Gesamtbild, riesige Weihnachtsbäume stehen in den Zentren und mancherorts wird zur Dekoration auch mit Kunstschnee nicht gegeizt. Für die chinesische Geschäftswelt, besonders den Einzelhandel, heißt Weihnachten Hochkonjunktur. Bäckereien, Restaurants und Geschäfte bieten Produkte im Weihnachtslook und entsprechende Aktionen an. Damit ist das Fest besonders für die junge Bevölkerung attraktiv.
Diese lieben das importierte Fest aus dem Westen und finden damit einen weiteren Grund einkaufen, essen und zum Karaoke zu gehen. Vor allem Pärchen treffen sich nach der Arbeit und genießen ihr Zusammensein. Übrigens ist es nicht selten, Restdekorationen auch im Februar noch vorzufinden. Das passiert häufig in den kleinen Städten. Da kann es schon mal vorkommen, dass Santa Klaus bei brütender Hitze im Sommer jemanden aus dem Schaufenster anlacht oder ein heiteres Weihnachtslied im Juli aus den Lautsprechern eines Cafés zu hören ist.
Weihnachten mit Chinesischen Nuancen
Das Weihnachtsfest bleibt nicht von chinesischen Extras verschont. Im Laufe der Zeit haben die Chinesen das Fest nämlich um eigene Bräuche ergänzt und ausgeschmückt. Somit ist es beispielsweise nicht selten, Äpfel zu verschenken. Farbenfrohes Papier und dekorative Goldschleifen schmücken das Obst. Auf manchen Äpfeln befinden sich sogar eingravierte Botschaften wie Glückwünsche. Aber warum gerade Äpfel?
Der Grund liegt wie in vielen Fällen im Gleichklang der Wörter. Hier sind es die „Heilige Nacht“ und der „Apfel“. Die Heilige Nacht heißt im Chinesischen 平安夜 pinganye und bedeutet sichere und friedliche Nacht. Der Apfel hingegen heißt im Chinesischen 苹果 pingguo und bedeutet so viel wie „das Obst, das Sicherheit gibt“. Und damit ist der Apfel für viele Chinesen das ideale Weihnachtsgeschenk.
Die besten Weihnachtsspots für Touristen
Selbstverständlich feiert auch die ausländische Bevölkerung in China das heilige Fest. In Peking und Shanghai finden beispielsweise Weihnachtsmärkte statt, die von den ansässigen deutschen Institutionen und Unternehmen organisiert werden. Die Märkte sind für Chinesen als auch Ausländer gleichermaßen ein Besuchermagnet und geben vielen ein heimatliches Gefühl. Dort greift der Deutsche gern zur Bratwurst und einer Tasse Glühwein.
Doch auch andere Aktivitäten laden zu einem Besuch ein. Schlittschuhlaufen ist das ganze Jahr in dafür vorgesehenen Inneneinrichtungen möglich. Allerdings werden der Weiming See 未名湖 an der Peking Universität 北京大学 und der Houkou Swimming Pool Leisure Rank in Shanghai 上海 in der Winterzeit zu besonders beliebten Ausflugzielen. Denn diese verwandeln sich bei den kalten Temperaturen zu wunderbaren Eislaufflächen. In Beijing Nanshan Ski Village 北京南山滑雪场 außerhalb von Peking ist sogar das Snowboardfahren möglich.
Vor allem in den großen Städten gibt es Aufführungen zu bekannten Stücken wie der Nussknacker. Um sich über weitere Aktivitäten zu informieren, sind englischsprachige Zeitschriften wie die City Weekend, Time Out Beijing und Time Out Shanghai zu empfehlen. Damit findet sich sicherlich für jeden das richtige Weihnachtsprogramm, ob mit oder ohne Apfel.