Bunt und fröhlich - eines der vielen Strassenfeste zum Jahreswechsel
Das Frühlingsfest, wenn sich das alte und das neue Jahr nach dem Mondkalender die Hände reichen, ist einer der wichtigsten Feiertage des Reichs der Mitte und wird dem entsprechend zelebriert.
Zwei Wochen lag steht das ganze Land Kopf – zu dieser Zeit jagt ein Superlativ den nächsten und ein Aufenthalt im so fernen Osten wird zu einem überwältigenden Gemisch neuer Eindrücke: Leuchtende Farben, dominiert von feuerroten Lampions, Girlanden und Türschmuck. Musik und der Geruch gebratenen Essens, welcher von den vielen kleinen Straßenfesten hinüber weht – und das stets allgegenwärtige Feuerwerk.
Großer, schöner, bunter als in Deutschland sind viele der beeindruckenden Spektakel am Himmel nicht einmal geplant. Chinesen lieben ihre bunten Raketen und wenn das neue Jahr naht, kommt es überall im Lande zu riesigen spontanen Feuerwerkskompositionen, die inszenierten Schauspielen in nichts nachstehen – und dabei wetteifern hier keine Pyrotechniker sondern nur die Bewohner alter Nachbarschaften darum, wer die schönsten glitzernden Blumen an den Himmel zaubern kann.
Das Frühlingsfest ist eine großartige Zeit, um in China zu sein – anstrengend zwar, aber auch faszinierend, schließlich ist fast das ganze Land auf den Beinen. Schon jetzt, einige Wochen vorher, werden die Festlichkeiten emsig geplant, die meisten Einheimischen kehren zum Jahreswechsel in ihre Heimatstädte zurück: Chinesisch Neujahr ist nämlich auch das Fest der Familie. So werden auch in diesem Jahr wieder mehrere zehn Millionen Menschen gleichzeitig mit Bus, Bahn, dem Flugzeug oder Auto unterwegs sein und die Kapazitäten jeglicher Verkehrsmittel an ihre Grenzen bringen. Doch irgendwann ist auch der schlimmste Stau vorbei, das Fest kann endlich beginnen.
Was mich während meiner eigenen bisherigen Frühlingfesterfahrungen am meisten verblüfft hat, sind die massiven Feuerwerkskörper, welche während der Feierlichkeiten in den Straßen gezündet werden – wohl gemerkt von Amateuren: Wenn einige Häuserblocks weiter eine solche meist recht unspektakulär aussehende Papierkugel gefüllt mit Schwarzpulver explodiert, rollt ein ohrenbetäubender aber doch irgendwie dumpfer Knall durch die großstädtischen Häuserschluchten. Fensterscheiben klirren und selbst mehrere Kreuzungen weiter löst die Druckwelle noch die ein oder andere empfindliche Autoalarmanlage aus. „Wenn Chinesen schon böllern, dann lassen sie es richtig krachen – im wahrsten Sinne des Wortes.“ Eine Feststellung meines Reisebegleiters, der ich so ohne weiteres zustimmen kann – denn immerhin erreichen Feuerwerkskörper hier Ausmaße, die wohl in jedem anderen Land verboten werden würden. Aber immerhin sind wir hier in China, der Wiege des farbigen Feuerpulvers.
Der tagelange Ausnahmezustand zum Jahreswechsel, den ich 2007 in Beijing erleben konnte, hat mir einige meiner interessantesten Chinaerinnerungen beschert: Chinesen, die auf Straßenfesten gelöst feiern, aberhunderte feuerrote Lampions, die Festplätze in der ganzen Stadt schmücken – schließlich gilt Rot in China als die Farbe des Glücks - unglaublich gute Jiaozi, gefüllte Teigtaschen, die zumindest in Nordchina so zum Neujahr gehören mögen wie Gänsebraten zu Weihnachten in Deutschland. Und natürlich die allgegenwärtigen Feuerwerkskörper – größer, lauter aber auch schöner, als ich es bisher kannte.
Nun steht wieder ein Jahreswechsel in China bevor – am 03. Februar 2011 bricht das Jahr des Hasen an. Wieder werden Land und Leute Kopf stehen und sich lauter neue Erfahrungen und Eindrücke auftun.
Und ich diesem Sinne wünsche ich allen Lesern unseres Magazins aus Shanghai einen guten Rutsch und vielleicht auch in Deutschland das ein oder andere Feuerwerk!